flat4 - Fahrwerktuning Tieferlegung und Achskinematik
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Tieferlegen der Hinterachse durch Verdrehen der Drehstäbe
Um den Schwerpunkt abzusenken, ist bisher in der Käfer-Entwicklung der Antriebsblock zweimal tiefer angeordnet worden. Das letzte Mal bei Einführung des Mexiko-Käfers 1978. Eine Tieferlegung an der Hinterachse bedeutet gleichzeitig eine Verkleinerung des Resteinfederweges, der noch mindestens 30 mm betragen muß bevor die Federung den Anschlag erreicht. Aus diesem Grund ist der Mexiko-Käfer vom 5-Sitzer zum 4-Sitzer "degradiert" worden.  
Außer aus optischen Gesichtspunkten - über die man diskutieren kann - wird eine Tieferlegung der Hinterachse durchgeführt, um eine Verbesserung des Seitenführungspotentials der Hinterachse zu erreichen. Damit wird der Übersteuertendenz im Grenzbereich entgegengewirkt. Die höhere Seitenführung resultiert aus dem gestiegenen negativen Sturz der Hinterräder, der bei Kurvenfahrt am kurvenäußeren Rad durch Einfederung noch zunimmt.  
Die Tieferlegung der Karosserie an der wird durch Verdrehung der Drehstäbe (Federstäbe) an der inneren und äußeren Lagerung erzielt. Egal ob Pendel- oder Schräglenkerachse, die Drehstäbe weisen an der Federstrebe immer 44 Zähne und am inneren Lager immer 40 Zähne auf. Ausgehend von der serienmäßigen Lage lassen sich durch Kombinationen von zahnweisen Verdrehungen folgende Tieferlegungswerte (Vorzeichen minus) in cm erreichen: 
  
außen/innen
innen 2 runter
innen 3 runter
innen 4 runter
innen 5 runter
innen 6 runter
außen 2 rauf
+1,2
 
 
 
 
außen 3 rauf
-4,8
+1,8
 
 
 
außen 4 rauf
-10,8
-4,2
+2,4
 
 
außen 5 rauf
 
-10,2
-3,6
+3,0
 
außen 6 rauf
 
 
-9,6
-3,0
+3,6
außen 7 rauf
 
 
 
-9,0
-2,4
außen 8 rauf
 
 
 
 
-8,4
  
Alternativ ist auch folgende Verstellung möglich: 
 
außen/innen
innen 2 rauf
innen 3 rauf
innen 4 rauf
innen 5 rauf
innen 6 rauf
außen 2 runter
-1,2
-7,8
     
außen 3 runter
+4,8
-1,8
-8,4
   
außen 4 runter
 
+4,2
-2,4
-9,0
 
außen 5 runter
 
 
+3,6
-3,0
-9,6
außen 6 runter
   
 
+3,0
-3,6
außen 7 runter
     
 
+2,4
 
Tieferlegungen von mehr als 4 cm sind in der Regel wegen der notwendigen Reduzierung der Zuladung (ggf. Eintragung als Zweisitzer!) nicht unbedingt sinnvoll. Die am häufigsten gewählten Varianten sind fett gedruckt und bewegen sich im Bereich von 2 bis 4 cm. Die Verstellung um 4 Zähne nach unten am inneren Lager und zugleich um 5 Zähne nach oben am äußeren Federstrebenlager, was eine Tieferlegung um 3,6 cm bedeutet, wird von H. Horn "Die  Bodengruppentherapie" empfohlen. D. Korp "Jetzt mache ich ihn schneller" empfielt eine Verstellung von 3 Zähnen innen nach oben und zugleich 3 Zähnen außen nach unten, entsprechend 1,8 cm tiefer (siehe VW-Literatur).
 
Sturz an der Hinterachse
Wie bereits oben erwähnt, geht der serienmäßig 1° positive Sturz (Rad oben nach außen geneigt) bei zunehmender Tieferlegung in einen negativen Sturz (Rad oben anch innen geneigt) der Hinterräder über.  

Sturz bei Zweigelenk-Pendelachse: 
Da sich in der Ansicht von Hinten beim Federn das Rad und das Achsrohr um den inneren Gelenkpunkt der Antriebswelle drehen, läßt sich der Sturz, ausgehend von der Grundeinstellung von +1° (Toleranz +/- 1°) für kleine Tieferlegungen berechnen. Zugrundegelegt ist hier die Hinterachse mit einer Spurweite von 1350 mm, wie sie seit August 1966 eingeführt worden ist. Die Tabelle gibt die realisierbaren Sturzwerte für die oben errechneten Tieferlegungen durch Verdrehen der Drehstäbe bei der Pendelachse an. 
 

Tieferlegung in mm
Sturz in Grad [°] und Minuten ["]
0 (Serie)
+1°
-18
-36"
-24
-1°  12"
-30
-1°  42"
-36
-2°  12"
 
Für Modelle ohne hintere Ausgleichsfeder sind 0° Sturz ohne Verkleinerung des zulässigen Gesamtgewichts erlaubt. Will man -1° Sturz erreichen, so schreibt VW eine Reduzierung des zulässigen Gesamtgewichts um 30 kg vor. Die Zuladung schrumpft dadurch von 375 kg auf 345 kg. 
Wenn eine Ausgleichsfeder vorhanden ist, dann kann ohne Zuladungsreduzierung -1° Sturz oder mit Reduzierung der Zuladung -2° Sturz eingestellt werden. Darüberhinausgehende Werte negativen Sturzes sind auch aufgrund des höheren Reifenverschleißes bei Breitreifen nicht angebracht. Außerdem laufen auch die Antriebswellen dann ständig unter einem konstruktiv nicht für den Dauerbetrieb vorgesehen Beugewinkel. 

Sturz bei Schräglenkerhinterachse: 
Da die Schräglenkerhinterachse geringere Sturzänderungen beim Federn ausführt, fallen auch die Sturzwerte beim Tieferlegen geringer aus. 
 

Tieferlegung in mm
Sturz in Grad [°] und Minuten ["]
0 (Serie)
-18
-32"
-24
-43"
-30
-55"
-36
-1°  7"
-42
-1°  18"
-48
-1°  29"
 
Auch bei der Schräglenkerachse geht eine Teiferlegung nicht ohne Reduzierung der Zuladung ab, weil beim zulässigen Gesamtgewicht des serienmäßigen Fahrzeugs von 1290 kg (1303 LS) nur ein Resteinfederweg von 25 mm zur Verfügung steht, der durch die Tieferlegung aufgebraucht sein kann.
 
Polizei bricht aus, Quelle: Sonntag Aktuell 14.06.98
Daß eine Tieferlegung durchaus sinnvoll sein kann, beweist dieser Artikel aus "Sonntag Aktuell" vom 14.06.1998.
 
Vergleich des Sturzes von Pendel- und Schräglenkerachse
 Das folgende Diagramm der Sturzkinematik zeigt die Verläufe für die Pendelache (rot) und die Schräglenkerachse (blau). Die Pendelachse weist wegen ihrer kurzen als Querlenker wirkenden Antriebsellenrohre eine sehr viel stärkere Sturzänderung auf, als die Schräglenkerachse. Dies gilt sowohl für den negativen Sturz beim Einfedern, wie auch für  den positiven beim Ausfedern.  
Sturz der Pendel- und Achräglenkerhinterachsen
Bei Kurvenfahrt treten bei der Pendelachse aufgrund der großen Sturzdifferenzen zwischen kurvenäußerem und -innerem Rad sehr große Radlastunterschiede auf, was zu einem Seitenkraftverlust, höheren Hinterachsschräglaufwinkeln und damit einem Übersteuern führt. Der große positve Sturz erhöht die Gefahr des Aufstützens und des Kippens des Fahrzeugs.
 
Spurweitenänderung der Hinterachse
Wie im Bild gezeigt, fällt die Spurweitenänderung der Pendelachse beim Federn mehr als doppelt so groß aus, wie die der Schräglenkerachse.  
Spurweiten
Jede Änderung der Spurweite ist gleichbedeutend mit einer Änderung der Seitenkraft, d.h. das Fahrzeugheck wird auf unebener Straße bei Federbewegungen dauernd zum seitlichen Versetzen durch diese Seitenkräfte angeregt. Dieser Effekt ist bei der Schräglenkerachse bedeutend weniger ausgeprägt.
 
Vorspur der Hinterachse
Die Vorspur der Hinterachse ist für den Geradeauslauf des Fahrzeugs wichtig. Sie sollte leicht positive Werte annehmen und sich beim Federn wenig ändern. Wie im Diagramm zu sehen ist, ist die Vorspur der Pendelachse beim Federn annähernd gleich Null. Die Grundvorspur ist hier für die Pendelachse auf 0° und für die Schräglenkerachse auf 0° 12" eingestellt worden. Die Schräglenkerachse weist positive Vorspur auf. In der Draufsicht stehen die Räder vorne weiter zusammen.  
Vorspur
Die Vorspur steigt bei der Schräglenkerachse mit zunehmender Einfederung an. Das kurvenäußere Rad "lenkt" den Hinterwagen dadurch nach Kurveninnen, was der Übersteuertendenz entgegenwirkt (Rollsteuern). Die Pendelachse weist konstante Vorspur auf und liefert diese fahrdynamische Korrektur nicht. 
 
Tieferlegung der Vorderachse mittels verstellbarem Vorderachskörper
Für Fahrzeuge mit kurzem Vorderwagen werden sogenannte Verstell- oder Puma-Vorderachsen angeboten. Die Verstellung erfolgt über eine Verdrehung der Federpakete gegenüber den Tragrohren. Als Verdrehsicherung kommen folgende Möglichkeiten in Betracht: 
  • Verstellmutter mit Rasterplatte oder
  • Verstellmutter mit Madenschraube.
Letztere Möglichkeit bietet jedoch keine ausreichende Sicherung und wird vom TÜV nicht zugelassen. Eine Tieferlegung mit Verstellachskörper verkleinert jedoch in der Regel den Nachlauf, so daß sich der Geradeauslauf verschlechtert. 
Nachlaufstrecken

Der Einbau von Nachlaufeinstellschalen am unteren Tragrohr vergrößert wiederum den Nachlauf auf einen der Serie ähnlichen Wert (z.B. VW 1200 Bj. 1965 Nachlauf 3° 20' +/-10'). Die Nachlaufeinstellschalen weisen i.d.R. eine Stärke von 6 bis 7 mm auf und müssen aus einem Werkstoff mit ausreichender Festigkeit, z.B. hochfestem Aluminium T-6061 bestehen. Außerdem müssen längere 19 mm-Schrauben zur Befestigung des Achskörpers am Rahmenkopf eingesetzt werden (Teilenummer: N0101913). Die sog. "Puma-Achsen" können durch wenige Handgriffe in Ihrer Lebensdauer verbessert werden: 

  • Achskörper komplett lackieren (Lackauftrag mit Pinsel ist ausreichend)
  • Verstellnüsse mit Gummitüllen o.ä. gegen Eindringen von Schmutz abdecken
  • Öffnungen an den Dämpferaufnahmeblechen mit Karosseriedichtmasse abdichten und überlackieren
  • kegelförmige Sturzexzenter anstelle der originalen Exzenter zwischen oberem Tragarmgelenk und Achsschenkel einbauen. 
Zum Ausbauen der serienmäßigen Sturzexzenter ein Ausdrücker erforderlich. An den Exzentern ist jeweils eine Markierung (Rille), die in Fahrtrichtung weisen sollte. 
  
Die Kugelgelenke der Längslenker werden jedoch bei Tieferlegungsvorderachsen mit Beugewinkeln betrieben, die konstruktiv nicht für eine Dauerbeanspruchung vorgesehen sind. Ein Anschlagen bei vollem Einfedern kann sie zerstören. Neue Tieferlegungsachsschenkel sind m.E. die bessere Lösung für eine Tieferlegung.
 
Literatur
/1/ Helmut Horn,  "KÄFER Tuning - Band 1 - Bodengruppentherapie" Verlag H. Horn, München,  1995 
/2/ Dieter Korp, G. Hack, "Jetzt mache ich ihn schneller", Motorbuch Verlag 
/3/ Jörnsen Reimpell, "Fahrwerktechnik Band 1", Vogel Verlag 1970 
/4/ Autodata 1976, Achskinematik-Einstelldaten
 

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Stand 26.08.1999